Inspiration
A.R.T – Coup zwischen den Sternen | BORN | Out of Balance
The Shelter | Kern der Angst
Architektur und Film dienen mir als Inspirationsquellen. Die Gebäude, in denen Romanszenen spielen oder in denen sich meine Protagonist*innen aufhalten, haben in den meisten Fällen reale Vorbilder. Sie müssen zum Charakter der Person passen oder der Szene den richtigen emotionalen Touch geben.
Ich bin Jägerin und Sammlerin von Architektur- und Ausstellungskatalogen sowie Filmbänden. In den Büchern zu blättern, bevor ich mich an das Schreiben einer Szene mache – Beine auf dem Couchtisch, Kaffeetasse daneben: unschlagbare Art der Recherche.
A.R.T. – Coup zwischen den Sternen
Charles Wilp
Wer kennt sie noch? Die »Super-sexy-mini-flower-pop-op-cola – alles ist in Afri-Cola«-Werbung?
In »A.R.T - Coup zwischen den Sternen« spielt sie keine Rolle, wohl aber Charles Wilp (1932-2005), ihr Erfinder. Wilps Werbung war damals ein echter Aufreger, wie auch der Rest seiner Kunst.
Mit Videoclips, einer noch jungen Kunstform, macht Wilp Ende der Sechziger Jahre erneut von sich reden. Seine eigentliche Faszination aber liegt im Überirdischen. Vom Weltall inspiriert, stellt er die Hochtechnologie der Raumfahrzeuge, der Astro- und Kosmonauten künstlerisch dar. Mit seiner Arbeit ermöglicht er dem Betrachter völlig neue Einblicke in die komplizierte Welt der Raumfahrttechnologie.
Im Raketenfieber der Dreißiger Jahre in Berlin erlebt er unbewußt als »Garderobenkind« durch die Gute-Nacht-Geschichten die Raketenmänner Oberth, Nebel, von Braun, Einstein, Fritz von Opel, Paul Valier. Wilps Mutter ist ein Groupy der damaligen Weltraumpioniere.
Wilps Kunst fliegt ins All – z.B. an Bord der MIR. Und 1995 arbeitet er selbst in 40.000 Fuß Höhe über dem Nordatlantik. Zum ersten Mal in der Weltraumfahrtgeschichte wird Wilp ein ARTronaut® –ein Künstler, der sich mit Weltraum und Kunst gleichzeitig beschäftigt – in der Schwerelosigkeit.
Ilja Jefimowitsch Repin
Auf dem Luxusraumer Horta, auf dem die Kunstauktion stattfindet, tragen nicht nur die Suiten Gemäldenamen, sondern auch Bars und Restaurants.
Gitta und Caius treffen unvorhergesehen im »Unterwasserkönigreich« aufeinander, benannt nach einem 1876 entstandenen Gemälde des russischen Malers Ilja Jefimowitsch Repin. Die Bedienungen tragen Turban und reich bestickte Kostüme, und einige Speisen und Getränke geben namentlich den Inhalt der Volkssage wieder, die Repin zu seinem Gemälde inspirierte.
Red Sea Star, Eilat
Die Innenausstattung des »Unterwasserkönigreichs« ist von mir direkt aus Eilat auf den Raumkreuzer versetzt worden. Ein Teil des Restaurants in Israel liegt Unterwasser, mit direktem Blick auf ein Korallenriff lässt es sich dort speisen. Als es gebaut wurde, war es das Erste seiner Art. Inzwischen gibt es einige Unterwasserrestaurants auf unserem Planeten.
Die 62 druckfesten Panoramafenster mit Stärken zwischen 8,5 und 13,5 Zentimetern und einem Gewicht von 12 Tonnen wurden in Japan gefertigt und verfügen über weitere Schutzgläser auf beiden Seiten der Scheiben. Das Innendesign stammt von Ayala Serfaty (Aqua Creations) und orientiert sich stark an marinen Strukturen, z. B. Trennwände in Form von Korallen, Hocker und Lampen in Form von Quallen und Säulen in Form von Seegurken.
»Argwöhnisch betrachtete Caius seinen Stuhl, bevor er sich vorsichtig setzte. Vier der acht filigranen Schirmquallenbeinchen schienen die hellblaue Auslegware fast nicht zu berühren, die übrigen schlängelten sich wie Fangarme um ihre Brüder.«
(Auszug: A.R.T.)
Henry Wallis
»Was Kunst in einem Menschen anzurichten vermochte, hatte Lizzy zum ersten Mal erfahren, als sie in der Tate Britain die Wanderausstellung der Meisterwerke besuchte, die vor der Schließung aller Galerien ein letztes Mal das Erdenrund umkreisten. Das Gemälde war nur etwa sechzig Zentimeter auf einen Meter groß gewesen, hatte Lizzy aber augenblicklich nach Betreten des Ausstellungsraums in seinen Bann gezogen. The Death of Chatterton. Sie hatte ihre AR-Brille zurate ziehen müssen, um herauszubekommen, dass es sich um Thomas Chatterton, den englischen Dichter, handelte, was sich dessen ungeachtet betreffend der Wirkung des Bildes auf sie nicht als ausschlaggebend herausstellte. Wer auch immer auf der Leinwand unter einem halb geöffneten Fenster wie hingegossen, aber mausetot auf dem Bett lag, war Lizzy zu diesem Zeitpunkt einerlei. Es waren das Feuerorange seiner langen Haare, das gleißende Blauviolett seiner Bundhose, die sie ansprangen. Wie im Schock stand sie davor und nahm nahezu bestürzt zur Kenntnis, dass dieses Bild etwas Fremdartiges in ihr auslöste, sie infiltrierte, in sie eindrang, sie veränderte, sie einnahm, jede einzelne Faser ihres Körpers neu ausrichtete, sie manipulierte. In einer solchen Intimität, wie sie Lizzy bisher nicht erlebt hatte.
Danach war sie nicht mehr dieselbe gewesen.«
Henry Wallis - Death of Chatterton, 1856; Tate Britain Art Gallery; London
Dan K. Chen
»Einzig der »CremateBot« fand ihre Aufmerksamkeit: Die Benutzer konnten sich damit einäschern, indem sie in die schwarz polierte Urne Haare, Fingernägel oder Hautschuppen füllten, die darin sofort verbrannt wurden. Der Bot lieferte eine Übersicht der bis dato zu Asche transformierten Körpermasse. Laut Bonnier wurden hier Betrachter und Benutzer permanent mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert, sahen dem persönlichen Hinscheiden häppchenweise zu, feierten die Transformation.
»Ich feiere meine Asche?«
»Wenn Sie so wollen«, antwortete Bonnier.«
(Auszug aus A.R.T – Coup zwischen den Sternen, Knaur Verlag)
Dan K. Chen, der Schöpfer des Bots drückt es so aus:
»Cremate Bot transforms our physical self and celebrates our rebirth through self-regeneration. The transformation and rebirth open our imagination to go beyond our physical self and cross the span of time.«
Den Cremate Bot von Dan K. Chen habe ich vor einigen Jahren fasziniert in Weil an Rhein innerhalb der Ausstellung »Hello, Robot!« kennengelernt. Die Ausstellung kehrte im September 2022 wieder ins Vitra Museum zurück, ihr habt also noch bis zum 05. März diesen Jahres Gelegenheit die Exponate anzusehen. Es lohnt sich!
Mehr Infos zur Ausstellung hier.
Mehr zum Cremate Bot hier.
Free your mind
»Free your mind« basiert auf keinem existierenden Kunstwerk, sondern ist ein Objekt, das ich mir (wie einige mehr in A.R.T, z.b. auch »Noli me tangere«) selbst ausgedacht habe.
Es basiert auf das fMRT-Technologie, die verrät welche Hirnpartien gerade besonders aktiv sind. Dank künstlicher Intelligenz (KI) hat man inzwischen beim »Gedankenlesen« per fMRT nämlich einen bemerkenswerten Schritt nach vorn gemacht. Über einen Decoder kann mit hoher Genauigkeit der Inhalt der Geschichten wiedergeben werden, die eine Person im Scanner gerade hört oder sich vorstellt.
Dr. Bonnier sagt darüber in A.R.T:
»Wir sehen hier die Überführung eines Objekts in ein anderes. Das Herausreißen aus seinem bisherigen Funktionszusammenhang.
Sehen Sie es als die Fortführung der Readymades, der Assemblages
oder der Objets trouvés. Die vergoldete Toilette von Maurizio Cattelan, ›Fountain‹ von Marcel Duchamp, Picassos ›Stierschädel‹ aus einem Fahrradsattel …«
Wer mehr über die neue Technoligie wissen will, dem sei dieser Artikel aus dem spektrum ans Herz gelegt.
BORN
Polytechnikum Minsk
Fakultät für Architektur des Polytechnikum in Minsk. Erbaut von W. Aninkin und I. Jesman im Jahr 1983. Rechts die überhängenden Hörsäle.
Dieses Gebäude steht bei mir im russischen Bezirk in BORN.
Copyright: Frédéric Chaubin
Ran und Tea Bag
Heruntergekommene Hausbesetzerzone. Nicht funktionierende Home-Systeme. Stehendes Wasser in den Rohren. Zuhause von Ran und Tea Bag. Fergus bezeichnet es als »Krieg und Frieden in Stahlbeton«. Und auf dessen Flachdach entdeckt Nalani Außergewöhnliches.
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Santiago Calatrava
Vor rund 30 Jahren bestanden Pläne für den Bau von 45 futuristischen Häusern, entworfen vom spanischen Architekten, Bauingenieur und Künstler Santiago Calatrava. Gebaut wurde schliesslich nur eine der insgesamt sechs geplanten Einheiten.
Die Wohnsiedlung Buchenweg in Würenlingen stand Pate für das Haus von Alejandro, stadtbekannter Restaurantbesitzer in Born und Nalanis Mentor.
Ein Mann, der immer wieder für Überraschungen sorgt.
Copyright: https://www.archfoto.com/ege/project.php?id=3453
Потёмкин
Der Bahnhof Potemkin im russischen Viertel von BORN ist von realen Moskauer Metrostationen inspiriert. Unterirdische Prachtbauten, die an Paläste erinnern. In
Nowoslobodskaja, einer dieser prunkvollen Stationen, findet man 32 von innen beleuchtete Glasmalereien in Einfassungen, mit denen die Pylonen ausgeschmückt sind.
Quelle: Wikipedia
Jaume Plensa – Liebe
Dieser Brunnen des spanischen Künstlers Jaume Plensa (*1955) steht in Leeuwarden. Ich selbst hatte meine erste bewusste Begegnung mit Plensas Kunst erst 2010 in Frankfurt. Auf dem Campus der Uni steht seine Skulptur »Body of Knowledge«.
Alejandro besitzt eine Kopie der »Liebe« seinem Garten. Oder ist es vielleicht sogar das Original?
Quelle: Wikipedia
One Solar
725 Kilometer mit nur einer Akkuladung verspricht die mit Solarzellen bekleidete Limousine »One Solar« des niederländischen Herstellers Lightyear.
Das Taxi von Nalani sollte auf alle Fälle mit Solarzellen ausgestattet sein. »One Solar« lieferte einen der Ideensplitter zur Technik der Taxis von DroschkefürDich.
Quelle: futurezone.at
Soundshirt
Ran trägt bei Clubbesuchen ein Soundshirt. Ähnlich dem oben abgebildeten von CuteCircuit. Das Shirt ist drahtlos mit einem Computer verbunden, eine Software übersetzt Töne in Daten. Hohe Töne werden an den Armen, Bässe am Bauch und Rücken spürbar.
Das Foto stammt aus der Ausstellung »Fashion!« des Landesmuseum Württemberg in Stuttgart.
Sandkrieg? Nein, hat nichts mit Spice zu tun. Und ja: Wir haben ihn schon, den Sandkrieg. Heute.
Illegaler Sandabbau findet statt, am helllichten Tag, betrieben von mafiös-organisierten Unternehmen, die geduldet werden. In großem Maßstab sind die Sanddiebe z.B. in allen Küstenregionen Indiens tätig, die zur Neige gehenden Lagerstätten werden geplündert, enorme Umweltschäden angerichtet. Sand wird knapp. Der Bauboom verschärft die Lage noch.
Lorna erklärt den Auslöser der Kriege in BORN: »Ohne Sand kein Beton. Denn obwohl Wüsten die Erde bedecken, taugen deren durch den Wind abgeschliffene Sandstruktur und der fehlende Quarzanteil nicht für die Industrie. Im Gegensatz zu Meeres- oder Flusssand. Flüsse wurden unkontrolliert ausgebaggert, der Meeresboden abgesaugt, und illegale Abtragungen ließen ganze Strände oder sogar komplette Inseln verschwinden. Die globale Sandkrise brachte mafiöse Strukturen hervor, die Preise stiegen ins Unermessliche, Trinkwasser und Felder versalzten. Grundwasser wurde rar.«
T-Bag – der so heißt, weil er Teebeutel an den Ohren trägt – spricht in BORN nur in Limericks.
Was ist jetzt ein Limerick?
Der Limerick ist die populärste Reimform in englischer Sprache mit einem (relativ) festen metrischen Schema und einem strengen Reimschema (AABBA).
Was hat denn jetzt der Limerick mit der gleichnamigen irischen Stadt zu tun? Das ist nicht ganz klar, aber die Bezeichnung »Limerick« für diese Gedichtform wird schon seit dem frühen 19. Jahrhundert gebraucht. Aber ganz ähnliche Reimformen gibt es schon seit dem Mittelalter. Der Historiker Matthew Potter behauptet aber, dass der Limerick seinen Namen von den Poeten Sean Ò Tuama und Aindrias MacCraith aus Croom im County Limerick bekam, die dort im 18. Jahrhundert lebten. Die beiden nutzten diese besondere Gedichtform sehr intensiv und ausgiebig in ihren Werken in irischer Sprache. Womöglich entstand der Begriff »Limerick« aufgrund ihrer Gedichte.
Die in BORN gebauten Vertikalen Farmen, die die Megalopolis mit Lebensmitteln versorgen, nutzen Aquaponik.
Ich habe in BORN nur das weiterentwickelt, was wir heute schon nutzen und erforschen. Aquaponik wird momentan vor allem von StartUp-Firmen eingesetzt, die eine Alternative zur konventionellen Landwirtschaft suchen, auf die wir uns leider nicht mehr zu 100% stützen können, wenn wir so weitermachen.
Das von den Fischen in Aquakulturwasser abgegebene Ammonium wird im bakteriellen Biofilter in Nitrat umgewandelt. Das Abwasser aus dem Aquarium kann also zur Bewässerung und Düngung von Pflanzen wiederverwendet werden. Es gibt keine ökologische Überdüngung von natürlichem Wasser und keine unregulierte Entsorgung von Abwässern aus der Aquakultur: ein geschlossener Kreislauf entsteht.
Out of Balance (Rebellion)
Eden Project
Lawrence Huggins gibt sich gerade hingebungsvoll die Kanne, als Raumschifftrümmer auf die Außenhülle des Arboretums der Raumstation knallen.
Copyright / Foto:
Peapix
Die subtropische Biosphären-Kuppel im Eden Project, Cornwall, England – Harpur Garden Library/Corbis ©
Für die Architektur dieses Arboretums auf Kopernikus standen die Gewächshäuser des Eden Projects Pate. In der Bauweise des Architekten Richard Buckminster Fuller entstanden in Cornwall in einer stillgelegten Kaolingrube von 1995 bis 2001 riesige Gewächshäuser.
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Wikipedia
US-Pavillon Bioshére für die Expo 67
Sie bestehen aus aus jeweils vier miteinander verschnittenen geodätischen Kuppeln nach Entwürfen des britischen Architekturbüros Nicholas Grimshaw. Stützenfrei überdachen sie eine Fläche von insgesamt 23.000 m² und haben eine Höhe von 50 Metern bei einem Durchmesser von bis zu 125 Metern.
Copyright / Foto:
Wikipedia
Geodätische Kuppel von R. Buckminster Fuller aus dem Jahre 1978, Detroit.
Die eindrucksvollen Kuppeln dienten auch als Außenkulisse für »Stirb an einem anderen Tag«. Jinx (von Halle Berry gespielt) seilt sich vom Dach eines der Gewächshäuser ab. Sie stehen für Gustav Graves’ Eispalast in Island.
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Panoramaansicht über die geodätischen Kuppeln des Eden Projects.
The Shelter
Abbey Mills (1865 – 1868) ist die allererste Abwasserpumpstation, die im Osten Londons von Ingenieur Joseph Bazalgette, Edmund Cooper und dem Architekten Charles Driver entworfen wurde, um dem »Great Stink« im Sommer 1858 Herr zu werden. Damals begann die Themse derart zu stinken, dass das Parlamentsgebäude evakuiert werden musste.
Abbey Mills gilt weltweit als die allererste Pumpstation ihrer Art und wurde wegen ihrer Bauweise auch »Cathedral of Sewage« genannt. Die alte Architektur wird heutzutage als Filmset (»Batman Begins«) genutzt.
(Foto: www.worldabandoned.com)
Das Presidio Modelo (1928) in Kuba wurde nach der Panopticon-Bauweise erstellt, die der britische Philosoph Jeremy Bentham als Idealarchitektur für Gefängnisse propagiert hatte. Von einem zentralen Punkt aus soll in alle sternförmig verlaufenden Korridore eingesehen werden können. Außer im Presidio Modelo wurde dieses Prinzip noch in verschiedenen anderen Gefängnisbauten umgesetzt. Auch Filmarchitekten greifen darauf zurück (»Guardians of the Galaxy«). Das Panoptikum-Prinzip ist Thema vieler phantastischer Romane.
Der Metropolitan Green Belt ist ein gesetzlich verankerter, grüner Gürtel um London herum. Schon Elizabeth I hatte 1580 den Bau neuer Architektur in einem Drei-Meilen-Radius um London untersagt, um die Ausbreitung der Pest zu stoppen. Der grüne Gürtel, der 1930 – in einer Zeit, in der die Population Londons eher fiel als stieg – gegründet wurde, hat heutzutage viele Kritiker.
Das Spaceplate Gewächshaus wurde zum ersten Mal von Studenten in Bristol genutzt. Das dänische Designbüro N55 entwarf gemeinsam mit der Architektin Anne Romme ein Glashaus, das ein auf Aluminium und Polycarbonat basierendes System benutzt und Gartenarbeit, Pflanzenwachstum und Lehranstalt miteinander vereint.
(Foto: www.archdaily.com)
Kern der Angst
Das zisterziensische Kloster Bebenhausen im Schönbuch (BW)
»Er konnte jeden dieser kleinen Wege benutzen und somit wieder in den Kreuzgang gelangen. Sie musste abwarten, bis er sich entschieden hatte, welche Richtung er nehmen wollte. Tatsächlich schlug er den Weg zum Brunnenhausflügel ein, und sie startete durch.«
»Sie konnte gerade noch einer Familie mit Kinderwagen ausweichen, die um die Ecke des Kreuzgangs bog. Fast wäre Lioba an dem Buggy hängen geblieben und fing nur kurz den vorwurfsvollen Blick der Mutter auf, bevor sie weiterrannte.«
Klosterfakt:
Das schlichte Kloster Bebenhausen liegt im Schönbuch, einem beliebten Ausflugsziel der Schwaben. Klare Linien bestimmen die Zisterzienser-Architektur.
Klosterfakt:
Der Bau der Kloster-
kirche begann im 12. Jh. In der ersten Hälfte des 14 Jahrhunderts wurde sie umgebaut.
Die Arbeiten dauerten bis zum 16. Jahrhundert an.
»Das Geländer wurde von einem bärtigen Mann in historischer Tracht gestützt, der entweder Atlas oder diesen löwenstarken
Typen aus der Bibel darstellen sollte. Vier pausbäckige Gestalten, die eine entfernte Ähnlichkeit mit den Auenlandbewohnern aufwiesen, jedoch vermutlich die Evangelisten verkörperten, zierten die Brüstung.«
Romeo und Julia
Für mich nicht nur ein Stück Heimat, sondern auch eins meiner Lieblingsensemble: Romeo und Julia von Hans Scharoun im Stadtteil Rot. Mit diesen Hochhäusern bin ich aufgewachsen, an ihnen vorbei bin ich jeden Tag zur Schule geradelt.
Manfred Pahl gestaltete nicht nur die Fassade farblich, sondern entwarf auch das Mosaik im Eingangsbereich des Romeos.
»Romeo und Julia.«
»Was?«, schnappte sein Kollege.
»So heißen die zwei Grazien. Wobei unsere Julia natürlich die zierlichere der beiden ist. Da müssen wir rein.«
»Das ist ein Witz.«
»Mitnichten, Herr Kollege.«
»Was für ein hübsches Paar. Und wie sie sich aneinanderschmiegen«, murmelte Deckert. »Einfach hinreißend. Du kennst meine Wohnung, geh, hole mir Tinte und Papier und bestelle Post-Pferde – ich will diese Nacht noch fort«, deklamierte er und streckte theatralisch die Arme in den Himmel.
Hans Scharouns, der im Dritten Reich von den Nazis kaltgestellt wurde, erbaute in Stgt-Rot sein erstes Großbauprojekt der Nachkriegszeit. Prägnant. Dominant.
Die Julia mit einem großartigen Laubengang ausgestattet, sich staffelnde Bauteile, spitzwinklige Balkone. Seit 1991 ist das Ensemble unter Denkmalschutz gestellt.
Das Romeo war lange das höchste Wohngebäude in Deutschland.
Das »Zeit«-Feuilleton schrieb am 2. November 1962:
»…Die Architekten hatten mit Widerständen zu kämpfen, wie sie immer und überall ungewöhnlichen Bauten entgegengestellt werden. Geldgeber waren nur mit Mühe aufzutreiben. Falsche Propheten hatten vorausgesagt, dass niemand die Wohnungen kaufen würde.«
(Foto: db-bauzeitung)